Zweisimmen, Münsingen und Riggisberg, Frutigen und jetzt auch Langenthal, schliessen oder schlossen ihre Geburtenabteilungen.
Es rentiert nicht. Wie absurd es ist dass Geburtshilfe nicht “rentiert”, führe ich hier jetzt nicht weiter aus. Es zeigt jedoch auf, was in unserer Gesundheitsversorgung falsch läuft. Sie wird nämlich als “Geschäft” und nicht als Notwendigkeit gesehen. Ich möchte fast sagen, sie gilt als “Luxusgut” im Sinne von: “Wenn wir dann noch ewas übrig haben, können wir uns dann ja darum kümmern.”
Die Schliessungen kann man(n) nüchtern betrachten und sich hinter den Zahlen verstecken.
Ich nicht. Zum einen mag ich Zahlen nicht und wenn es um Leben geht, werde ich emotional. Ich frage mich, wie weit mit dem Schliessen von Geburtsabteilungen noch gegangen wird. Wie hoch muss die Todesrate unter Geburten steigen, bis wieder umgedacht wird? Eine zynische Frage, ich weiss. Noch zynischer ist es, das zu tun und zu behaupten, dass dies nicht statt findet. Es geschieht gerade.
Ich erinnere mich an den Unterricht zur Geburtshilfe, während meiner Ausbildung. Die Hebamme hat uns einige Szenarien erklärt, in denen schnell gehandelt werden muss. Sie hat uns klar gemacht, wie schnell es kippen und eine Situation lebensgefährlich werden kann. Für die Mutter und/oder das Kind. Wie viel gefährlicher sind diese Situationen wohl, wenn die Mutter da erst noch auf dem Weg ins Spital ist?
Es gab Zeiten in denen die Sterblichkeit der Mutter bei der Geburt hoch war. Das änderte sich mit dem Fortschritt der Medizin, dem Wissen über Geburtshilfe und auch durch die professionelle Versorgung der Mütter vor, während und nach der Geburt. Nur deshalb ist diese Todesrate gesunken, nicht, weil Gebären heutzutage so easy ist. Kann es sein, dass dies bei diesen Entscheiden aussen vor gelassen wird?
Die Schliessungen, die nichts anderes als Sparmassnahmen auf dem Rücken der Frauen und Ungeborenen sind, sehe ich als Versagen der Politik. Kantonal und Landesweit. Ich finde das erbärmlich.
Die Schweiz gibt viel Geld für die Landesverteidigung aus. Offensichtlich hält unsere Regierung den Fall, dass unser Land verteidigt werden muss, für bedrohlicher, als die medizinische Unterversorgung. Ach ja, man will ja vorbereitet sein, für den Fall. Die medizinische Unterversorgung können wir aber riskieren?
Ich habe noch viel mehr Fragen. Eine sehr utopische: Wenn Männer gebären würden, wäre dann die Geburt auch nicht rentabel?
Ist nur eine Frage.
In der Hoffnung (und die stirbt bekanntlich zuletzt), dass unser Gesundheitswesen endlich überdacht wird,
Patricia Tschannen
Pflegefachfrau HF.
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Verena Poestgens (Dienstag, 01 Juli 2025 09:20)
Liebe Patricia
Vielen Dank für deine kritische Rückmeldung und deinen Aufruf zum Umdenken. Wenn ökonomische Kriterien im Gesundheitswesen überwiegen und Sicherheit und Lebensqualität ignoriert werden, stimmt etwas nicht. Wir müssen uns alle fragen, ob eine qualifizierte und gerechte Gesundheitsversorgung nicht ein Menschenrecht ist! Die „personifizierte Wirtschaft“ wird uns bei chronischen Schmerzen, dem Verlust eines Menschen oder Angst, wohl kaum Empathie vermitteln. Wir brauchen dringend neue Konzepte für eine gerechte und soziale Gesundheitsversorgung, strukturell und inhaltlich!
Vielen Dank für dein Engagement!